Wie Sie systematisch eine Risikoidentifizierung durchführen können
Als wesentlicher Teil eines umfassenden Risikomanagement gilt es, im Rahmen einer Risikoidentifizierung alle denkbaren Risiken, mit denen von Anfang an zu rechnen ist, zu identifizieren und zusammenzustellen (s. Felkai/Beidenwieden (2011)). In strukturierter Art und Weise sind dazu das Innovationsumfeld als auch die Pläne zu analysieren – sowohl auf der Ebene des Gesamtvorhabens als auch auf den detaillierten Ebenen (Teilprojekt bis hin zum Arbeitspaket).
Es sollten bei einer Risikoidentifizierung sowohl interne wie externe Risiken adressiert werden. Interne Risiken sind durch das Team zu kontrollieren oder zu beeinflussen (z. B. Kostenschätzungen). Externe Risiken liegen außerhalb der Kontrolle oder des Einflusses des Vorhabens (z. B. Verschiebungen von Marktanteilen oder Beschlüsse der Regierung bzw. Geschäftsleitung). Zahlreiche externe Risiken befinden sich im Innovationsumfeld, diese können resultieren aus Einflüssen/Forderungen mittelbar beteiligter Personen (Stakeholder), aus Umorganisationen des Unternehmens (z. B. bedingt durch eine Fusion), fehlende Managementunterstützung oder können auch Änderungen der sozioökonomischen, technologischen, ökologischen Rahmenbedingungen sein.
Folgende Methoden und Informationsquellen sind für die Risikoidentifizierung hilfreich:
- Analyse der Vorgehensweise und Ergebnisse des Planungsprozesses:
- Zielformulierung: Unklare Zieldefinitionen oder zu ehrgeizige Ziele sind häufig Quellen von Risiken.
- Qualitätsplanung: Der Projektinhalt sollte z. B. in seiner Komplexität, Größe, Dauer und Anforderungen sowie die eingesetzten Methoden und Verfahren auf mögliche Risiken überprüft werden. Ein Projekt kann noch so genau und intensiv vorbereitet werden; Es werden vom Auftraggeber/Kunden in der Praxis häufig immer Anforderungen neu gestellt oder verändert („Change-Requests“).
- Projektstrukturplan: Wurden keine Aufgaben vergessen?
- Ablaufplan: Unkonventionelle Vorgehensweisen können höhere Risiken zur Folge haben. Aktivitäten auf dem kritischen Pfad sind insbesondere zu analysieren ebenso Aktivitäten mit einem geringen Puffer. Vorgegebene unaufschiebbare Fixtermine weisen ein großes Risikopotenzial auf.
- Zeit- und Kostenschätzungen: Zu optimistische Schätzungen und Schätzungen, die auf der Basis von unvollkommenen Informationen erstellt wurden, bergen Risiken in sich.
- Ressourcenplan: Bei den Humanressourcen können z. B. bestimmte Teammitglieder einzigartige Kenntnisse oder Fähigkeiten besitzen, sodass sie schwer ersetzbar sind, oder begrenzte Verfügbarkeit für das Projekt macht ihren Einsatz schwierig. Beim zu beschaffenden Material oder Geräten kann es zu Lieferengpässen oder -verzögerungen kommen.
- Analyse der organisatorischen Schnittstellen zu anderen Bereichen bzw. zu externen Partner
- Informationen aus der Vergangenheit über das, was bei früheren Projekten tatsächlich passierte. Quellen solcher Informationen sind z. B. Projektdatenbanken, Projektdokumentationen oder Interviews mit den früheren Projektleitungen/-teams.
- Stakeholder-Analyse (s. Management-Handbuch Innovation von Müller-Roterberg (2018))
- Workshops mit den (designierten) Projektbeteiligten bzw. Personen mit Erfahrungen aus ähnlichen Projekten
- Einsatz von Kreativitätstechniken bei solchen Workshops wie z. B. Brainstorming, Brainwriting oder die What-if-Analyse
- Methoden zur Fehleranalyse wie FMEA
- Expertenbefragungen wie z. B. mit der Delphi-Methode (s. Management-Handbuch Innovation von Müller-Roterberg (2018))
- Checklisten mit potenziellen Risikoquellen (s. hierzu das Praxishandbuch Innovationscontrolling (*Affiliate-Link) von Müller-Roterberg). In der folgenden Abbildung ist ein Risikokatlog abgebildet mit potenziellen Risikoquellen bei Innovationsvorhaben:
Weiter geht es hier mit der What-If-Analyse im zweiten Teil zur systematischen Risikoidentifizierung.